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Die schmerzlose Gefahr im Mund

11.01.22

Die schmerzlose Gefahr im Mund

Parodontitis: Laut der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro) sind Millionen Menschen betroffen, doch viele wissen es gar nicht. Und genau das macht die Erkrankung so gefährlich, warnt Dr. Marcel Janßen. Denn die Entzündung des Zahnhalteapparates begünstigt Schlaganfälle, rheumatische Erkrankungen, Herzinfarkte und Diabetes – und sie ist ein Risikofaktor für schwere Verläufe bei COVID-19.

Wie kann es sein, dass so viele Menschen eine Parodontitis haben, ohne es zu wissen?
„Aber ich habe doch gar keine Schmerzen“: Das ist die häufigste Reaktion von Patienten, wenn wir zum Beispiel bei der Prophylaxe feststellen, dass bei ihnen eine Parodontitis vorliegt. Und genau hier liegt auch der Grund, warum die Erkrankung oft so lange unentdeckt bleibt: Die Parodontitis wird auch deshalb als stille Infektion bezeichnet, weil sie in der Regel lange schmerzfrei verläuft. Das Tückische ist, dass auch die Vorstufe – die Zahnfleischentzündung oder Gingivitis – zunächst oberflächlich abläuft und keinen Schmerzreiz auslöst. Darum merken die meisten Patienten auch nicht, dass sie bereits mit einer tickenden Zeitbombe im Mund herumlaufen.

Gibt es denn keine Warnzeichen, die auf eine Zahnfleischentzündung hinweisen?

Eindeutige Anzeichen sind Schwellungen des Zahnfleisches, Mundgeruch und leichtes Zahnfleischbluten – wenn sich die Zahnbürste beim Putzen aber schon regelmäßig rot verfärbt, ist die Entzündung meist fortgeschritten und hat sich zu einer handfesten Parodontitis ausgeweitet.

Welche Auswirkungen hat das?
Wird eine Zahnfleischentzündung nicht rechtzeitig behandelt, wandert sie in den Kieferknochen und beginnt langsam diesen anzugreifen: Der daraus resultierende Abbau des Kieferknochens ist das, was wir dann als Parodontitis bezeichnen. Wenn wir jetzt nicht schnell handeln, geht immer mehr Knochen verloren – und die Zähne lockern sich und fallen im schlimmsten Fall aus. Tatsache ist, dass heute mehr Menschen Zähne durch Parodontitis als durch Karies verlieren. Außerdem ist die allgemeine Gesundheit in Gefahr – nur mal so zum Vergleich: Bei einer fortgeschrittenen Entzündung am Zahnbett entspricht die Wundfläche im Mund in etwa der Größe eines Handtellers. Von dort aus gelangen die entzündungsverursachenden Bakterien in den Blutkreislauf und verteilen sich im Körper, wo sie bleibende Schäden anrichten können.

Wenn Sie erkennen, dass sich eine Parodontitis entwickelt hat – wie behandeln Sie diese dann?
Leider lässt sich die Uhr nicht zurückdrehen: Anders als eine Zahnfleischentzündung ist die Parodontitis nicht heilbar. Durch eine gezielte Therapie können wir die chronische Erkrankung aber anhalten. In der Regel bekommen wir sie mit der geschlossenen Parodontitisbehandlung in den Griff. Nur in sehr fortgeschrittenen Fällen müssen wir die entzündungsverursachenden Beläge in einer kleinen Operation entfernen, um die Erkrankung zu stoppen.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie ist die Parodontitis auch ein Risikofaktor für schwere Verläufe bei Covid-19. Das stimmt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Parodontitispatienten bei einer Covid-19-Erkrankung häufiger intensivmedizinisch behandelt und beatmet werden müssen. Darum schenken wir parodontalen Gesundheit große Aufmerksamkeit, um dieses vermeidbare Risiko zu minimieren.